Chemie- und Prozessanlagen in einem 200 Hektar großen Areal – wer kennt da schon die Details jeder Kolonne und jeden Reaktors?
‚Muss man ja auch nicht, denn dafür gibt es schließlich Pläne‘, möchte man jetzt meinen. Doch in einem Chemiepark, dessen Anlagen zum Teil seit fast 80 Jahren produzieren, ist das gar nicht so trivial. „Früher gab es keine Planungs- bzw. Projektphasen wie wir sie heute kennen. Und digitale Archive waren noch nicht erfunden“, erklärt Dr. Mickael Planasch, Geschäftsbereichsleiter Engineering bei InfraServ Gendorf. „Anlagen wurden teilweise parallel auf Papier geplant, gebaut und in Betrieb genommen. Die spezifikationsgerechte Produktion stand im Mittelpunkt – eine Compliance-gerechte Dokumentation war nicht im Fokus.“
Dementsprechend gibt es vor allem bei älteren Anlagen häufig noch einen Unterschied zwischen der physischen Anlage (As-Built) und der Dokumentation. Von einer digitalen As-Built Arbeitsgrundlage träumen viele Verantwortliche, insbesondere bei Anlagenabstellungen oder –modernisierungen, weil damit Zeit und Kosten gespart, während gleichzeitig Qualität und Sicherheit erhöht werden können.
Aber warum nur träumen?
Moderne „intelligente“ Planungssoftware bietet die Möglichkeit, neben reinen Planungsaufgaben Firmen über den gesamten Anlagenlebenszyklus einer Chemieanlage hinweg zu begleiten. Stete Pflege der digitalen Inhalte führt dazu, dass der As-Built Status aufrechterhalten wird. So kann der Traum Realität werden und die digitale Arbeitsgrundlage geschaffen werden.
Bei Infraserv Gendorf arbeiten im Geschäftsbereich Engineering Experten daran, diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Eine durchgängige IT-Architektur vernetzt verschiedene Tools und Module so intelligent, dass eine integrierte Software-Umgebung entsteht, die Mehrwert über den gesamten Anlagenlebenszyklus schafft – nicht nur das Engineering! Diese Umgebung wird „Gendorf CAX 4.0“ genannt und bietet Firmen die Möglichkeit, fit für die Industrie 4.0 zu werden.
Das Go-Live war sportlich
Eine der Herausforderungen für viele Firmen ist es, historische Daten aus z.B. physischen Papierordnern oder einer Vielzahl „alter“ IT-Systeme in diese neue intelligente IT-Umgebung zu bringen – und zwar effizient und kostengünstig. Im konkreten Projekt der InfraServ Gendorf sollte der Umzug der Daten in kürzester Zeit erfolgen, da nur so die ständig stattfindenden Anlagenoptimierungen unterbrechungsfrei durchgeführt werden können.
Die knappe Zeit bereitete den Ingenieuren zunächst Kopfzerbrechen. Die Lösung konnte sich aber sehen lassen: Mit einer eigens konfigurierten Migrationsschnittstelle wurden Schritt für Schritt je 2.500 Attribute, 2.700 Gerätetypen und 250 Symbole „gemappt“, also von einem System ins andere überführt. Damit haben es die Planungsspezialisten geschafft, an nur einem Wochenende 1.800 Prozessleitstellen mit insgesamt 6.700 Plänen verschiedenster Anlagen im Chemiepark Gendorf erfolgreich zu übertragen.
Aber dies war nur der Anfang. Nach der erfolgreichen Pilotphase lautet nun das nächste Ziel, weitere Informationen in Gendorf CAX 4.0 zu integrieren. Die Verknüpfung der verfügbaren Daten ist Garant für einen zukunftsfähigen Anlagenbetrieb.
Ende Mai 2019 wurde sie von InfraServ Gendorf als Standortbetreiber des Chemieparks GENDORF beantragt – fünf Jahre später von den Behörden erteilt: Die Verlängerung der Einleiterlaubnis.
102 Auszubildende haben ihre Ausbildung an der Bildungsakademie Inn-Salzach (BIT Gendorf), der zentralen Bildungseinrichtung im Chemiepark GENDORF, begonnen.