10.11.2020
Expertenrat

Ein weiterentwickeltes „Google Maps“ für den Chemiepark

Die Drohne fliegt, visiert ein gelbes Fadenkreuz auf der Straße an, fotografiert und fliegt zum nächsten Messpunkt.

Was hier entsteht, ist die Grundlage für ein digitales Abbild des Chemieparks Gendorf – mit einer Genauigkeit von +/- 2 cm. Ein ganz schön hoher Aufwand bei einem Gelände von 200 Hektar.

Aber wozu das alles? „Wenn Anlagenbetreiber Erweiterungen oder Instandhaltungsmaßnahmen beauftragen wollen, sind diese Informationen eine wichtige Basis,“ schildert Andreas Damian, Leiter des Standort- und Immobilienmanagement bei ISG. Gerade bei Chemie- und Prozessanlagen darf man nicht von ungefähren Schätzungen ausgehen. Technische Auslegungen, Materialbestellungen und die Planung von Absicherungsmaßnahmen sollen so genau wie möglich erfolgen können. Damit werden die Risiken bei der Realisierung für den Anlagenbetreiber immer geringer.

Wer schon einmal mitbekommen hat, was beim Bau eines Hauses bedacht sein muss, kann sich vorstellen, was das wohl für Chemieanlagen bedeutet. Der Bedarf an aktuellen Infrastrukturdaten ist enorm groß: Kanalverläufe, Straßen und Schienenwege, Rohrleitungen, Stromtrassen, Vermessungsinformationen, Probenahmestellen, die historische Nutzung der Fläche und Luftbilder: All diese Informationen spielen bei den permanenten Bautätigkeiten eine entscheidende Rolle.

 

Mit der Digitalisierung erkaufen wir uns einen Zeitvorsprung

Hinzu kommen noch wachsende Dokumentationspflichten. Um der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen nachzukommen, müssen Betreiber alle Daten für eine Vielzahl prüfpflichtiger Objekte dokumentieren.

Hier geht kein Weg an der Digitalisierung vorbei! Unsere Lösung ist, die Infrastrukturdaten komplett und zentral in einem digitalen Geoinformationssystem zu bündeln. Bisher waren die Daten verteilt auf die unterschiedlichsten Quellen: papiergebunden in Aktenordnern, digital in unterschiedlicher Planungssoftware, bei den Unternehmen selbst ebenso wie bei Dienstleistern.

Das kostet zu viel Zeit. Bis alle nötigen Informationen allen beteiligten Unternehmen vorliegen, bis alle Verantwortlichen ihre Anmerkungen gemacht und ihre Freigabe erteilt haben, ist vielleicht ein wichtiger Vorsprung verschenkt. Deshalb hat ISG für den Standort ein ganzheitliches Geoinformationssystem (GIS) entwickelt. „Man kann sagen: Wir haben den gesamten Chemiepark digital nachgebaut“, erklärt Andreas Damian. Damit sollen in Zukunft Freigabeprozesse von ehemals bis zu zwei Tagen auf weniger als eine Stunde beschleunigt werden.

 

Alle Prüfvorschriften und Protokolle sofort per Mausklick

„Allein in unseren 86 Gebäuden kommen rund 10.000 prüfpflichtige Objekte zusammen: Jede Klimaanlage, jede Brandschutztür, Lüftung, jeder Brandmelder etc. muss regelmäßig geprüft, gewartet und gegebenenfalls entstört werden,“ erklärt Andreas Damian. Die Techniker müssen regelmäßig vor Ort sein und genau wissen, wo sich das Objekt befindet, ohne lange Suche. Wenn man die übrigen Gebäude sowie die übrige Infrastruktur im Chemiepark dazu nimmt, zum Beispiel das Kanalnetz, steigt die Zahl sogar auf 100.000 prüfpflichtige Objekte. Ohne intelligente EDV-Unterstützung ist die Flut an Anforderungen hier kaum noch zu bewältigen.

Im GIS des Chemieparks wird deshalb jedem Objekt im Kanalnetz jene Prüfvorschrift zugeordnet, der sie unterliegt – inklusive der Fristen und Prüfarten. Das System berechnet dann auf Basis der Prüfvorschrift und des Datums der letzten Prüfung automatisch den nächsten Prüftermin. Daraus lassen sich praktisch per Knopfdruck Aufgabenlisten erstellen, die in einem bestimmten Zeitraum abzuarbeiten sind. Auch die Datenpflege ist viel einfacher: Wenn sich beispielsweise eine der Vorschriften ändert, muss lediglich ein einziger Datensatz geändert werden. Das wird dann automatisch bei jedem betroffenen Prüfobjekt nachvollzogen. Die mühsame Suche nach Dokumenten bei Audits entfällt somit.

Um das zu illustrieren, öffnet Standortmanager Damian das Geoinformationssystem und klickt sich durch den Plan des Chemieparks. Er zoomt auf eine Anlage, schaut sich dort den Grundriss an, zoomt weiter hinein auf eine Auffangwanne. Per Klick öffnet sich ein Fenster. „Hier ist die gesamte Maßnahmenhistorie dieser Wanne dokumentiert – alle Prüfungen, Prüfprotokolle und alle Sanierungen sind auf einen Blick verfügbar.“ Nicht nur der Zeitaufwand für die Dokumentation sinkt mit dem GIS. Es macht die Prozesse auch wesentlich verlässlicher und weniger fehleranfällig. Ohne GIS gleicht die Suche nach möglicherweise verpassten Fristen der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.

In Zukunft könnten noch viele weitere standortbezogene Daten und Prozesse in das GIS integriert werden – zum Beispiel die technische Gebäudeausstattung, Mietverwaltungen oder die Abrechnung der Betriebs- und Nebenkosten. Das GIS entwickelt sich so immer mehr zu einer Art allumfassendem „digitalen Zwilling“ des Chemieparks.

 
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